Donnerstag, 2. Mai 2013
Noch einmal: „Wer ist Anlieger?“
Im April 2012 hat ein Anwohner wegen der DPD-Durchfahrten an die Verkehrsaufsicht der Stadt Norderstedt geschrieben. Der Tenor der schriftlich vorliegenden Antwort war durchweg: „Wir können nichts tun“. Zitat aus der Antwort:

„Die von Ihnen angeführte Geschwindigkeitsproblematik ist mir durchaus bekannt. Entsprechende Beschwerden und vereinzelt festzustellende Geschwindigkeitsüberschreitungen sind aber leider nicht nur im Mühlenweg festzustellen, sondern im ganzen Stadtgebiet zu verzeichnen.“

„Vereinzelt“ steht dort. Mühlenweg-Anwohner erleben es anders, wie im am 19. April 2013 veröffentlichten Video zu sehen ist.

Weiter heißt es in dem Schreiben:

„Die Zuständigkeit zur Durchführung von bußgeldbewährten Geschwindigkeitskontrollen obliegt nach den geltenden Vorschriften jedoch ausschließlich der Polizei und nicht der Stadt Norderstedt. Insofern werde ich Ihr Schreiben an das Polizeirevier Norderstedt weiterleiten und bitten, in eigener Zuständigkeit entsprechende Überwachungsmaßnahmen vorzunehmen.“

Wie nun? Wir wissen aus dem Vorstoß von Oberbürgermeister Grote, daß es der Kreis ist, der Geschwindigkeitskontrollen anordnet. Sollte es doch so einfach möglich sein, daß die Verkehrsaufsicht der Stadt Norderstedt der Polizei einen Tip gibt? Offenbar nicht, denn wenn das Schreiben das Polizeirevier Norderstedt wirklich erreicht hat, so ist es folgenlos geblieben.

Weiter heißt es in dem Schreiben:

„Der vorherrschende Fahrzeugverkehr mit Fahrzeugen des im Mühlenweg ansässigen Unternehmens DPD ist ohne Zweifel dem Anliegerverkehr zuzuordnen und verkehrsbehördlich keinesfalls zu unterbinden.“

Das ist juristisch nicht haltbar. Zum Beispiel hat das OLG Frankfurt am Main am 27.11.2009 in einem Beschluss (2 Ss OWi 164/09) festgestellt:

„Nach § 41 Abs. 2 Ziffer 6 Satz 5 Buchstabe a) StVO a.F. (gleichlautend nunmehr: amtliche Erläuterung Nr. 1a) zur lfd. Nr. 30.1 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO n.F.) liegt Durchgangsverkehr nicht vor, wenn die jeweilige Fahrt dazu dient, ein Grundstück, welches an der vom Verkehrsverbot betroffenen Straße liegt oder allein über ein solche erschlossen ist, zu erreichen oder zu verlassen. …Fahrten, die dem Erreichen oder dem Verlassen eines im Verbotsbereich gelegenen Grundstückes dienen, sind nach § 41 Abs. 2 Ziffer 6 Satz 5 Buchstabe a) StVO a.F. und der amtlichen Erläuterung Nr. 1a) zur lfd. Nr. 30.1 der zu § 41 Abs. 1 StVO n.F. uneingeschränkt privilegiert.“

Im Umkehrschluß folgt daraus: Fahrten, die nicht dem Erreichen oder dem Verlassen eines im Verbotsbereich gelegenen Grundstückes dienen, sind nicht „privilegiert“, also nicht erlaubt. Weil die DPD-Fahrzeuge breiter als 2 Meter sind, dürfen sie den Verbotsbereich im Mühlenweg nicht durchfahren. Hier stimmt das Oberlandesgericht mit dem gesunden Menschenverstand überein. Denn gleichgültig ob 150 Meter außerhalb des Verbotsbereiches oder 150 Kilometer - irgendwo ist jeder Anlieger. „Anlieger frei“ würde in der Auslegung der Norderstedter Verkehrsaufsicht jedes Verbot zunichte machen.

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